Unentschieden

Platz 1, aber Dynamo enttäuscht gegen Alemannia Aachen

Dynamo behauptet Tabellenspitze

Erst in der Nachspielzeit tritt Dynamo Dresden vor dem Tor von Aufsteiger Alemannia Aachen in Erscheinung – und kommt über ein Unentschieden nicht hinaus. Das schwarz-gelbe Duell zwischen Dynamo Dresden und Regionalliga-Aufsteiger Alemannia Aachen endet torlos. Gegen leidenschaftlich verteidigende Gäste haben die die Dresdner vor heimischem Publikum zu oft das Nachsehen, bis zur ersten Großchance der Schwarz-Gelben vergehen 72 Spielminuten. Im Gegenzug scheitern die Gäste aus Aachen vor dem Dresdner Tor, sodass die Partie leistungsgerecht torlos endet. Ein Hoffnungsschimmer für Dynamo: Durch das Remis verteidigt die Mannschaft die Tabellenspitze der 3. Liga.

Die eine oder andere Unsicherheit in der Hintermannschaft ist der geneigte Fan von Dynamo Dresden ja gewohnt. Aber die Anzahl an Böcken und Harakiri-Pässen im Spielaufbau, die sich die Defensivspieler der Schwarz-Gelben einschließlich Torwart Tim Schreiber in der Drittliga-Heimpartie gegen Alemannia Aachen am Sonntag leisteten, ließ dann doch deutliche Unruhe auf den Tribünen aufkommen. „Für eigene Tore waren wir mit dem Ball zu unsauber. Wir hatten keine gute Kontrolle übers Spiel und dann kannst du das auch nicht gewinnen“, stellte Vizekapitän Niklas Hauptmann fest.

Mit fortlaufender Spieldauer wurde das Raunen im Rudolf-Harbig-Stadion immer stärker, denn viele Zuschauer hatten die böse Vorahnung, dass sich das riskante und fehlerbehaftete Spiel noch in Form eines Gegentreffers durch den Aufsteiger rächt. Doch es blieb beim torlosen Remis. Dass bei der vor heimischem Publikum in dieser Saison nach wie vor ungeschlagenen Sportgemeinschaft auch hinten die Null stand, war einer Mischung aus starker Abwehrarbeit, Abschlussschwäche der Gäste und letztlich auch einer Portion Glück zu verdanken.

Doch die Häufung der Ungenauigkeiten ließ sich nicht nur auf mangelnde Konzentration zurückführen, sondern lag vor allem am Gegner. Denn es waren die griffigen und kompakten Aachener, die mit hohem läuferischen Einsatz und starkem Pressing die Dresdner Defensivspieler enorm unter Druck setzten und zu diesen Abspielfehlern zwangen. „Davor hatten wir keinen Gegner, der diese Intensität gegangen ist“, analysierte Dynamos Cheftrainer Thomas Stamm, der die Aachener zuvor genau in dieser Form erwartet hatte.

Damit einher ging, dass Dynamo vorn kaum Bälle festmachen konnte, zu wenige Zweikämpfe gewann, auch hinten zu selten die zweiten Bälle sicherte. Das Freilaufverhalten ließ ebenfalls zu wünschen übrig. Erst nach der Pause befreite sich die SGD etwas häufiger, erspielte sich besonders in der Schlussphase Torchancen. „Wir wollen zu Hause mehr Kontrolle haben und dominanter auftreten. Das ist uns nicht gelungen. Es war das erste Heimspiel, in dem wir nicht geschafft haben, den Gegner so in die Tiefe zu schnüren, dass er sein Pressing nicht aufziehen kann“, musste Stamm zugeben.

Fußball ist ein Geduldsspiel

Ein Aufreger für die Fans war aber auch das wiederholte Zurückspielen auf Schlussmann Tim Schreiber. „Vielleicht gab es drei, vier Momente, wo du nach vorn spielen kannst, aber es gab auch Momente, wo das Sinn hatte. Da müssen wir einfach sauberer sein, durch ein schnelles Verlagern das Pressing umgehen. Dann kann es gute Räume geben. Wenn wir sagen, wir wollen einen konstruktiven, attraktiven Fußball spielen, gehört auch dazu, dass wir den Torhüter als Überzahlspieler nutzen“, verteidigte Dynamos Trainer diese Philosophie. Die enthält viel Risiko, wenn der Gegner früh anläuft.

Außenverteidiger Philip Heise blies ins gleiche Horn, konnte die aufkeimende Unzufriedenheit auf den Rängen nicht vollends nachvollziehen und forderte: „Fußball ist ein Geduldsspiel. Man kann nicht jeden Ball nach vorn dreschen, nur weil die Fans das wollen. Da müssen sie ein bisschen ruhiger bleiben. Wir versuchen, unser Spiel durchzuziehen mit Kontrolle. Wir wollen nicht einfach ein Pingpongspiel haben. Deswegen hauen wir nicht jeden Ball nach vorn, weil wir eine gewisse Absicherung brauchen.“ Der 33-Jährige gilt als vergleichsweise ballsicher und spielstark.

Doch auch ihm unterliefen unter Druck natürlich einige Schnitzer. Dennoch brach er eine Lanze für die Art und Weise beim Aufbau: „Ich finde gut, dass wir so hinten rausspielen. Das zeugt von Selbstvertrauen.“ Schließlich habe Dynamo sämtliche Patzer selbst ausgebügelt, hinten nach dem 3:0-Sieg in Verl nun zum zweiten Mal in Folge eine weiße Weste bewahrt. „Und wenn auch mal ein Gegentor passiert, finde ich das nicht schlimm. Wenn man ängstlich Fußball spielt, dann spielt man gehemmt. Und dann spielt man nicht so hinten raus wie wir“, erklärte Philip Heise.

Ungeachtet der Tabellenführung hallten zum Schluss sogar Pfiffe durchs weite Rund. „Ich kann verstehen, dass die Zuschauer unzufrieden sind. Sie haben sich was anderes vorgestellt, wir auch. Trotzdem ist das kein Wunschkonzert. Wer gedacht hat, gegen Alemannia Aachen wird das ein einfaches Ding, der verfolgt die 3. Liga nicht. Wir sind mit unserer Leistung unzufrieden, aber das hatte auch mit dem Gegner zu tun“, bekräftigte Thomas Stamm. „Dass wir weniger Ballverluste haben wollen im ersten Drittel, ist klar. Da haben wir einen anderen Anspruch an uns.“

Dennoch tritt er dafür ein, nicht generell das Risiko zu scheuen und weiterhin den Torwart auch bei hohem gegnerischem Pressing aktiv ins Spiel einzubinden. Denn „es gab Spiele, die von außen deutlich besser ausgesehen haben und bei denen Tim Schreiber trotzdem gleichviele Ballkontakte hatte“, wehrte sich Dynamos Fußballlehrer und forderte: „Jetzt müssen wir genau den Schritt gehen, gegen eine Mannschaft, die solches Pressing spielt, so gute Lösungen zu haben.“ Trotz des ersten Tabellenplatzes gibt es also Luft nach oben bei den Schwarz-Gelben.

„Wenn wir es mal sauber gelöst haben, dann hatten wir die Räume. Da müssen wir einen Tick zielstrebiger werden“, verlangte Stamm. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir schon weiter sind. Aber solche Spiele brauchen wir für unseren Prozess. Ich bin mir sicher, dass uns Spiele wie gegen Verl und Aachen weiterbringen als die Spiele davor, weil wir sehr viele Schlüsse daraus ziehen können“, so Thomas Stamm. Und vielleicht bahnen ja genau diese Schlüsse den Weg zum Auswärtssieg bei der U23 von Borussia Dortmund, wo schon am Freitag die nächste Aufgabe ansteht.

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